BETTY & FRITZ

DIE ERSTE
GENERATION

WIE DER VERKEHR NACH WÜRZBURG KAM

Am 10. Mai 1882 erblickte Fritz Spindler in Karl­stadt am Main das Licht der Welt. Zu dieser Zeit steckte der Automobilbau, ebenso wie der spätere Firmengründer, noch in seinen Kinderschuhen. Es war im Jahre 1886, als Carl Benz mit seinem Motor­dreirad erstmals öffentliches Aufsehen erregte. Seine Jungfernfahrt wurde zur Geburtsstunde des modernen Automobils mit Verbrennungsmotor. Bald lösten immer mehr und immer besser motorisierte Fortbewegungsmittel in nahezu allen Lebensbereichen die behäbigen, von Tieren gezogenen Fuhrwerke ab. Die zurückgelegten Strecken wurden größer, der Verkehrsraum, auch innerstädtisch, wuchs.

Zur Jahrhundertwende waren im Deutschen Reich etwa 800 Automobile unterwegs, die in aufwändiger Handarbeit hergestellt wurden. Aber es fehlte noch ein ausgebautes Straßen-, Tankstellen- und Werkstattnetz und so kam die Motorisierung der breiten Bevölkerung, auch aufgrund der hohen Anschaffungskosten, zunächst nur langsam in Gang.


Die Entwicklung war jedoch nicht mehr aufzuhalten. Die neue Zeit machte auch vor der Stadt Würzburg nicht Halt, die seit der Aufhebung der Festungs­eigenschaft und dem Abriss der Stadtmauern 1869 rasch über ihre Grenzen hinaus angewachsen war.

Fritz Spindler in jungen Jahren

in königlich-­bayerischer Militäruniform.


1919

eröffneten Fritz Spind­ler und Konrad Gumbrecht eine Reparaturwerkstatt für Nutzfahr­zeuge in Würzburg.


Auch in der Domstadt entstanden neue Verkehrs­achsen, während die Einwohnerzahl auf über 100.000 anwuchs. Mit ihr stieg der Bedarf an motorisiertem Personen- und Güterverkehr. Seit 1900 zog die elektrische Straßenbahn auf verschiedenen Linien ihre Bahnen durch die Stadt, 1914 wurde die erste öffentliche Sprechstelle für Taxi-Kraftfahrzeuge am Vierröhrenbrunnen installiert. Das vorläufige Ende des Aufschwungs der Motorisierung läutete der Ausbruch des Ersten Weltkriegs ein.

In Kriegszeiten wurden Fahrzeuge benötigt, die robust waren, mit einfacher Technik und großer Reichweite. Alle Anstrengungen wurden auf die Entwicklung des Lastkraftwagens gelegt, der Bereich der Personenbeförderung verschwand fast vollständig aus dem Blickfeld der Ingenieure. Das blieb so bis Kriegsende. Durch die deutsche Niederlage geriet das Wirtschaftswachstum ins Stocken, das gesellschaftliche Klima war von politischen Unsicherheiten geprägt und Autofahren als unerschwinglicher Luxus blieb nur wenigen Menschen vorbehalten.

Fritz Spindler am Steuer des zweiten Taxi-Automobils, das in Würzburg seinen Dienst aufnahm.

Blick auf die Juliuspromenade um 1920. Neben Pferdefuhrwerken zog die „Elektrische“ ihre Bahn durch die Stadt. Moderne Fortbewegungsmittel waren auf dem Vormarsch und kündeten von einer neuen Epoche der Mobilität.

Die Mehrheit der Kraftfahrzeuge, die in den zwanziger Jahren durch Würzburg fuhr, umfasste einfache Nutzfahrzeuge oder öffentliche Taxis. In diesem Umfeld entstanden bald erste Reparaturwerkstätten, die ihre technischen Dienste anboten und sich um die Instandhaltung von Fahrzeugen kümmerten.


Darunter war auch die Werkstatt von Fritz Spindler und ­Konrad   Gumbrecht, deren Betrieb am 27. September 1919 in der Burkarderstraße 24 seine Arbeit aufnahm. Die Zwei-Mann-Werkstatt war damit beschäftigt, Nutzfahrzeuge wieder instand zu setzen, nachdem diesen der Dampf oder die Kraft ausgegangen war.

Seit diesem Tag ist der Name Spindler untrennbar mit der Automobilgeschichte der Region verknüpft. Das gepachtete Gebäude, in dem die Werkstatt untergebracht war, beherbergte vormals eine Braustätte des Bierbrauers Fritz König, welcher in Ruhestand gegangen war. Es muss eine aufregende Zeit für Fritz Spindler und seine 1887 geborene Ehefrau Betty gewesen sein – nicht nur beruflich, sondern auch privat. Am selben Tag der Geschäftseröffnung, am 27. September, hatte Betty auch ihr zweites Kind, Sohn Hugo, in Karlstadt am Main zur Welt gebracht. Maya, seine große Schwester, hatte bereits 1907 das Licht der Welt erblickt. 1920 zog die Familie nach Würzburg, wo sie auch sesshaft wurde.