UNBEDINGTER AUFBAUWILLE

UNBEDINGTER AUFBAUWILLE

Anfang der 1950er Jahre erwarb die Familie das ausgebrannte Haus (rechts). Es wurde ebenso renoviert wie der Betriebshof, der schon 1945 wiedereröffnet worden war.

Der älteste im Archiv der Main-Post erhaltene Zeitungsartikel über das Unternehmen Spindler stammt vom 13.   ­Oktober 1949. Darin wird über die neu eröffnete Schnelldienststation – „die modernste in Unterfranken“ – berichtet.

Im Herbst 1945 kehrte Sohn Hugo aus seiner Kriegsgefangenschaft nach Würzburg zurück. Was er sah, muss ihn bis ins Mark erschüttert haben. Den Familienbetrieb gab es nicht mehr, Würzburg lag da als „Grab am Main“. Doch schnell brach sich der unbedingte Aufbauwille Bahn. Hugo Spindler packte an. „Ich begann sofort mit dem Schutträumen und dem behelfsmäßigen Wiederaufbau“, notierte er. Noch im selben Jahr eröffnete er mit seinen zwei ersten Mitarbeitern nach dem Krieg, Richard Liedel und Ernst Dorsch, einem Verwandten aus Karlstadt, den Werkstattbetrieb.

Unermüdlich ging der Wiederaufbau voran, 1946 war die Tankstelle wieder betriebsbereit – und damit die einzige in der Stadt. In der Leistenstraße 19 flossen die ersten Tropfen Nachkriegs-Sprit aus einer fest installierten Zapfsäule, der zu Beginn noch händisch aus dem Speichertank gepumpt werden musste. Der Kraftstoff kam inzwischen von der Anglo-Persian Oil Company, zu der der deutsche Mineralölproduzent BP OLEX gehörte, der nach dem Krieg in alliierte Hände gefallen war. 1953 entstand nach einer Fusion mit der Eurotank-Raffinerie in Hamburg der Konzern „British Petroleum“, kurz BP.

Seitdem tankten Spindler-­Kunden in der Leistenstraße Sprit von BP. 1949 eröffnete Spindler die erste Schnelldienststation Unterfrankens, die eine zügigere Inspektion von Fahrzeugen erlaubte. Anfang der 1950er Jahre zog die Familie von der Leistenstraße 21 zwei Häuser weiter in die „Villa Luise“, ein im Krieg ausgebranntes Haus, das sie von der Würzburger Wachszieherfamilie Schenk erwarb und renovierte. „Das Haus war über einen Zugang mit dem Felsenkeller der alten Brauerei Beer verbunden, in dem Lebensmittel lagerten“, erinnert sich die Prokuristin Heide­marie Sebastian-Klein, die mit ihrer Familie zu jener Zeit in der Leistenstraße 18 wohnte.

Ihr Vater Ernst hatte nach dem Krieg begonnen, für Spindler zu arbeiten. „Manchmal wurden wir zum Essen eingeladen, was uns sehr freute, denn da gab es oft auch Fleisch, was sich unsere Familie nicht leisten konnte.“ Zum Haus gehörte auch ein Garten, an den sich Inhaberin Monika Spindler-Krenn gerne erinnert: „Dort gab es Obstbäume, einen Nutzgarten und die Hühner und unsere Hunde liefen frei herum. Es war ein schöner Ort, wo wir gerne spielten.“