SYMBOL DER HOFFNUNG

SYMBOL DER HOFFNUNG

Der unterfränkische VW-Verkauf wurde ab 1947 über die Firma Spindler von Würzburg aus organisiert.

Ein weiteres Symbol der Hoffnung kam aus Wolfsburg: Kurz nach Weihnachten 1945 verließ der erste Käfer die neu gegründeten Volkswagen­werke. Bei der Fertigung mussten sich die Autobauer ebenso auf ihr Improvisationsgeschick verlassen wie Hugo Spindler beim Aufbau seines Unternehmens. Ressourcenknappheit und Personalmangel beeinträchtigten die Arbeit. Trotzdem, oder gerade deshalb, wurden die ersten Fahrzeuge echte Symbole der Hoffnung und Vehikel für die Demokratisierung der individuellen Mobilität. In Würzburg, und im späteren Verlauf für ganz Unterfranken, ging VW dabei eine bis heute untrennbare Allianz mit der Familie Spindler ein. Bayern war damals VW-intern in drei Verteilgebiete aufgeteilt worden   – Südbayern, Ober- mit Mittelfranken und Mainfranken. Zu Beginn wurden Mainfranken vier Autos pro Monat zugewiesen – eines für Schweinfurt, eines für Aschaffenburg und zwei für Würzburg.

Spindler erhielt den hierfür nötigen Hauptverteilervertrag von VW durch einen glücklichen Umstand: 1947 musste ein VW-Mitarbeiter bei einer Visite in Würzburg tanken und war so auf den Hof von Familie Spindler gelangt. Er nahm das Angebot Bettys, im Haus zu übernachten, gerne an, da im zerbombten Würzburg kaum Zimmer zu finden waren. Dabei erkannte er in der Firma einen adäquaten Standort für den neuen örtlichen Auto­handel. Ein paar Monate später war alles fix: Am 1. Oktober 1947 unterzeichnete Hugo Spindler den VW-Vertrag. Seitdem lief so gut wie jeder Käfer zwischen Spessart und Steigerwald durch die Spindler’schen Hallen und Bücher. 1950 wurde die Firma dann Großhändler und durfte von nun an den VW-Verkauf in ihrem Gebiet selbständig organisieren. Fahrzeuge und Ersatzteile mussten noch umständlich in Wolfsburg abgeholt werden, da es keinen geregelten Bahnverkehr gab. „Hugo Spindler ist viele Male mit dem VW-Bus nach Wolfsburg gefahren, um Ersatzteile zu beschaffen“, erinnert sich Mitarbeiter Dieter Öhrlein.

Freude über die neue Zusammenarbeit: Auf den VW-Hauptverteilervertrag 1947 folgte 1950 der Großhändlervertrag. Beide Bilder zeigen Hugo Spindler bei den Vertragsübergaben mit Vertretern der Volkswagenwerke.


1947

übernahm Spindler die Hauptverteilung von Volkswagen – und war so erster VW-Handels­partner in Mainfranken.


Die Bedeutung des Fachmanns Hugo Spindler für die aufkeimende Mobilität in Unterfranken fand ihre Würdigung auch im Kollegenkreis. Im Jahr 1948 wurde er, wie schon sein Vater, zum Obermeister der Kfz-Innung gewählt. Ein weiterer Schritt zu einem hoffnungsvollen Neuanfang war damit getan. Hugo Spindlers Tatkraft kam auch hier zum Tragen: „Mit der damaligen Innungsvorstandschaft haben wir mit eigenen Innungsmitteln und geschnorrten Maschinen und Geräten die Lehrwerkstatt aufgebaut“, notierte er. 1952 wurden die ersten Lehrgänge für Auszubildende durchgeführt. Die Innung hatte sich neu organisiert und den Betrieb wieder aufgenommen.

Ein ganzer Hof voller Volkswagen: 1950 endete die Händler-Ära mit MAN. Dafür übernahm Hugo Spindler ab sofort die Aufgaben als VW-Großhändler und der Porsche-Vertretung.

Der Beginn des neuen Jahrzehnts ging einher mit mehreren Umbrüchen in der Familien- und Unternehmensgeschichte. 1950 heiratete Hugo Spindler Karolina „Lina“ Liedel. „Die beiden kannten sich von Jugendtagen an“, erinnert sich Monika Spindler-Krenn. Familie Spindler wohnte vor dem Krieg in der Sanderau, wo Hugo die Schillerschule besuchte und in dem fast gleichaltrigen Mädchen (sie wurde 1920 geboren) eine treue Spielkameradin fand. Nach 1945 zog Familie Liedel in die Leistenstraße 18, wodurch Lina und Hugo, längst erwachsen und stets einander verbunden geblieben, noch näher beieinander waren.

Sie arbeitete, ebenso wie ihr Bruder Richard, im Betrieb von Familie Spindler und übernahm die Stelle einer Buchhalterin. Ebenfalls 1950 endete der Vertrag mit MAN und eine fast 25-jährige Ära ging zu Ende. Was folgte, war „die Spezialisierung auf VW“, notierte Hugo Spindler   – und, kongenial dazu, die Erweiterung des Portfolios durch einen Händlervertrag mit dem Sportwagenbauer Porsche. Die beiden Automarken waren seit jeher eng miteinander verwoben: Der erste KdF-Wagen, der spätere VW Käfer, stammte von Ferdinand Porsche, der den Wagen in den 1930er Jahren konstruiert und zur Serienreife gebracht hatte.

Ein Kartenspiel gehörte früher zur Mittagspause, in der Werkstatt gab es viel zu tun.

Nach dem Krieg entwickelte sein Sohn, Ferry Porsche, 1948, aus VW-Teilen den ersten Sportwagen, der den Familiennamen Porsche auf der Motorhaube trug. 1950 wurde in Zuffenhausen mit der Produktion des Modells „356“ und in Würzburg mit seiner Auslieferung begonnen. Mit wachsendem wirtschaftlichen Erfolg: 1952 wurde ein neues Gebäude für Verkauf und Buchhaltung errichtet. Blickfang des Verwaltungs- und Ausstellungs-Trakts war die „Glasvitrine“ mit Fahrzeugmodellen im ersten Stockwerk, die auf zwei Stützen ruhte und wie ein Vordach über die BP-Tankstelle ragte.

Nicht unerwähnt bleiben darf bei all den Bemühungen des Wiederaufbaus die regelmäßige Hilfe aus Übersee. „Nach dem Krieg waren Maya und ihre Familie eine große Stütze, da sie regelmäßig aus den USA Care-Pakete zu uns nach Deutschland schickten, gefüllt mit Kaugummis, Schokolade und dem wichtigsten Zahlungsmittel zu dieser Zeit, Zigaretten“, erinnert sich Monika Spindler-Krenn. Mit ihrer finanziellen Unterstützung trugen Maya und ihre Familie wesentlich zum geglückten Wiederaufbau der Firma in Deutschland bei.


1950

schloss Hugo Spindler einen Händlervertrag mit dem Sportwagen­bauer Porsche.


Blick auf das ehemalige Verwaltungsgebäude in der Würzburger Leistenstraße.